20071115

ein dufter springinsfeld

Als heute schillernde Neurotransmitter in meinen Hypothalamus eindrangen, löste der in Gang gebrachte exocytotische Mechanismus verzögerungsfrei eine unangenehme körperliche Empfindung aus, die mich nach Dienstschluss in den nächsten Sparmarkt trieb. Ungeplant brachte mir jedoch der Sinn nach einem ausgewogenen Chilli wesentlich unangenehmere Empfindungen ein. In einem anderen Teil der Hirnrinde aufkeimende Erinnerungen an die tückischen Essrituale aus der Zeit meines erschütternden Zusammenlebens mit "Ernährungsexperte" Krolitzen, halfen dem Sättigungszentrum wieder die Oberhand zu gewinnen und meine Lust auf Chillibohnen ersatzlos zu streichen. Krolitzen, zeitlebens Stolz auf seine "funktionierende" Verdauung, plegte bereits früh am Morgen verschiedene Trockenfrüchte (Mango, getrocknete Wassermelone) zu verspeisen. Das Mittagsmahl bestand gerne aus türkischem Honig, auch ein wahrer Förderer der gesunden entschlackung. Kurz darauf, meistens fluchtartig, pflegte intestinitzen, sich das wunderlicherweise weiter lappig hängende Bäuchlein reibend, in Richtung Sanitär zu verschwinden um es in Folge und unter allerlei Geräuschentwicklung knappe 45 Minuten zu okkupieren. Natürlich verging mir dabei öfters der Appetit, weshalb ich in dieser Zeit gut und gerne drei Kilo meines Idealgewichts verloren hatte. Das Mittagsritual war allerdings kaum zu vergleichen mit den allabendlichen Bohnenorgien, die Beanitzen zu veranstalten pflegte. "Kidneybohnenpüree mit weißen Riesenbohnen", gab es da, "Fisolauflauf an Sauce Bohnaise", dazwischen ein Bohnmot aus der Küche. Wem zusätzlich bekannt ist, dass der in Bohnen enthaltene Dreifachzucker nicht vom Menschen verdaut werden kann, von Darmbakterien aber sehr wohl metabolisiert wird, erahnt das Ende dieser Tage. "alles flutscht und fuegt sich irgendwie", rief er mir gerne zu während ich hektisch die Fenster öffnete. man konnte es kaum perfider arrangieren. er smogte, dass es sich an den Wänden niederschlug einem die Augen traenten, von der Schallintensitaet, ähnlich einer startenden Ariane 5, ganz zu schweigen. ich habe das alles hinter mir gelassen. indien mitsamt eines unausgereiften abwassersystems durchlebt es in diesem moment.

(foto gfdl snjeschock)

great bad thing

Hier ist alles laut. Und mit "laut" ist nicht das europaeische "laut" gemeint. Hier faengt "laut" etwa mit der Schallintensitaet einer startenden Ariane 5 an, und "laut" sind hier nicht nur Toene, sondern auch Farben und, vor allem, der Gestank der Verwesungsduft Gerueche. Schoenberg haette das schreiend bunte Treiben auf den Strassen nicht perfider arrangieren koennen. Es Smogt, dass es einem die Riemchensandaletten auszieht einem die Augen Traenen. Irgendwo stand zu lesen, Indien sei die einzig funktionierende Anarchie der Erde. Das stimmt so nicht ganz. "Funktionieren" (um noch einmal "Gaensefuesschen" zu bemuehen) waere gnadenlos uebertrieben. Zugegeben, alles flutsch und fuegt sich irgendwie. Ungefaehr wie Duennschiss so, wie die Verdauung nach uebermaessigem Verzehr von Trockenfruechten "funktioniert".
Als ich mich heute so durch die Strassen spuelen liess, vorbei an marodierenden Kuehen und den allgegenwaertigen Miniaturesel-Arbeitskolonnen, gelang es einem freundlichen Shopbesitzer ("welcomb, me frrend, lok, hello, yez pleees!") mich aus dem Getuemmel zu fischen, und in sein Wohnzimmer/Geschaeft zu bugsieren. Einen kurzen Moment lang fuehlte ich mich zurueckversetzt in die Zeit, als ich gezwungenermassen mit Schlampberg einen Kleiderschrank teilen musste. Augenscheinlich hatte sich der gute Inder auf die Beduerfnisse fetter ausladender westlicher Mittvierziger spezialisiert, und ich fand mich umgeben von zeltartigen Ueberwuerfen aller Couloer. Kurz war ich versucht, ein in Farbgebung, Umfang und Schnitt frappierend an das Roncalli-Chapiteau gemahnendes Textil zu erstehen, und per Luftfracht an den Unsaeglichen zu senden, um der alten Zeiten Willen. Dann jedoch meinte ich mich zu erinnern, dass Stussberg sich in einer der letzten Mails, die mich erreichten, ellenlang und erschoepfend ueber die Vorzuege von "Slim Fit"-Hemden ausgelassen hatte, und in seiner Begeisterung gelobte, nichts anderes mehr an seinen - morphologisch eher schwer einzuordnenden - Koerper zu lassen. Das jedes Slim-Fit-Teil ueber Schoenberg Stieglgestaehltem Korpus absolut knitterfrei spannt, schien ihn besondes zu freuen. "Krolitzen, nie wieder buegeln, was mir das an Zeit spart!". Schoenberg, wenn ich so an den Kleiderschrank zurueckdenke, im Schnitt wohl zwei Minuten im Jahr.

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